Nerdalarm!!!

Veröffentlicht: 19. Dezember 2010 in Unmögliche Situationen

Anfang dieser Woche habe ich meine Freundin mit zu einer Vorlesung in ihrer Universität begleitet. Sie studiert Medizin in Heidelberg und ich war sehr gespannt, was mich in der Ring-Vorlesung am frühen Montagmorgen erwartet.

Ok, ab ins Auditorium. Es ist eine Viertelstunde vor Vorlesungsbeginn und die Reihen sind bereits voll. Wir nehmen Platz und ich kann mich in Ruhe umsehen. Wahnsinn, wieviele Nerds auf einen Haufen versammelt sein können. Aber vielleicht bin ich auch die Einzige, die nicht weiß, dass das eine Studienvoraussetzung ist?!? Ich kenne das Klientel ja eigentlich ganz gut, denn auch als ich Jura studiert habe, saßen in den vorderen Reihen nur die Total-Honks.

Die Tür geht auf und ein alter Mann im Rollstuhl wird hereingeschoben. Direkt darauf folgt, ohne den Rollstuhl selbst zu schieben, welch infame Anforderung, ein Professor, der unglaubliche Ähnlichkeit mit Jean Pütz aufweist. Seine akkurat gestutzte, walrossartige Rotzbremse ist umgeben von einem kostbar anmutenden Flair von Bugatti und Arroganz. Der Mikrokosmos, auf den sich sowohl sein Humor als auch seine Empathie stützen, wäre nicht einmal mit einem Hubble-Mikroskop zu entdecken. Er grinst selbstgefällig in die Welt, ohne die Spuren, die andere Menschen auf ihr hinterlassen, auch nur ansatzweise außerhalb seiner in bequemen Bahnen eingefahrene Umgebung zu registrieren.

Die erste Spannung ist schnell vergangen, nachdem der Prof den Krankheitsverlauf geschildert und der Patient den Hörsaal wieder verlassen hat. Ich sehe mich um und entdecke vor mir eine KOMPLETTE Reihe der Spezies Streberus gigantus. Allesamt unfassbar aufmerksam, allesamt unfassbar schreibwütig, allesamt unfassbar langweilig. Sie alle fallen in die Kategorie MOF – Mensch ohne Freunde. Man erkennt sie bereits äußerlich am braven Marie Lund-Polohemd und langweiligen Wollpullover. Sie alle versuchen sich durch extrem gewagte Farbkombinationen gegenseitig aus ihrem Gähn-Koma zu erwecken. Ganz besonders beliebt ist die Kombi Lila, grau, grün. Vor lauter Ekel stellen sich mir die Nackenhaare hoch.

Die schlimmste unter ihnen hat bis auf das Nagelbett herunter gekaute Fingernägel. Das passiert wahrscheinlich nachts, wenn sie die Angst plagt, sie könnte vergessen haben etwas zu notieren…

Sie schauen aus gelangweilten Augen, die nur kurzzeitig ihr Tun unterbrechen, indem sie hektisch etwas in ihren Block kritzeln.

Nur die wenigen coolen Studis erliegen langsam der universitären Narkolepsie. Ihre Nasen, die durch Aufliegen den Tisch reinigen, sorgen für elitär saubere Schreibunterlagen.

Puh, es ist vollbracht. Und nach 1,5 Stunden Vorlesung bin ich mir sicher: ich habe nicht nur die schönste und witzigste Freundin, sondern auch noch die Nerd-resistenteste. Ich muss schwer an mich halten, um nicht vor Stolz zu platzen, küsse sie auf die Stirn und sage: „Komm, wir machen jetzt was ganz Verrücktes und trinken eine Capri-Sonne.“

Kommentare
  1. Johannes sagt:

    Hey Daniela!

    Sehr interessant wie du unsere Vorlesung siehst 😉 Naja, ich war zwar an der beschriebenen Vorlesung nicht da (musste dringend ausschlafen wegen der dir letzten Samstag auf der Geburtstagsparty geschilderten Unterhaltung mit meinem Mitbewohner morgens um 2) aber ich klingt wie eine alltägliche Vorlesung… Ich muss wohl gestehen, dass ich auch zu diesen Super-Nerds gehöre (ich wechsel mich zwar mit dem Gero beim Ringvorlesungsbesuchen ab, aber wenn ich hingehe, versuch ich auch alles mitzutippen oder abzufotographieren). Trotzdem bin ich auch schon öfters eingeschlafen. Acht ist einfach zu früh für eine Vorlesung!

    Ich finde den von dir beschriebenen Professor allerdings recht sympathisch (kenn ihn allerdings auch nur von zwei Vorlesungen, aber die waren wirklich sehr gut!). Du hast halt den Prof für Unfallchirurgie noch nicht kennen gelernt… Da wärst du wahrscheinlich an die Decke gegangen 😉

    Ich hab meinem Mitbewohner übrigens gesagt, dass er deine Nummer weiterleiten soll. Mal schauen, ob der Typ dein tolles (!) Angebot annimmt. Wie gesagt: für ihn steht viel auf dem Spiel…

    War auf jeden Fall super nett dich kennen gelernt zu haben!!!

    Ich wünsch dir und Merle ein gesegnetes und frohes Weihnachtsfest!

    Viele Grüße,
    Johannes

    PS: hab die ersten 2 Seiten deines Buches noch auf der Party gelesen: RESPEKT!!! Extrem fesselnd geschrieben! Ich werds mir zu Weihnachten wünschen oder vielleicht auch einfach morgen in der Stadt kaufen 🙂

  2. Hahahhaha!
    Sorry, dich meinte ich selbstverständlich auf gar keinen Fall mit meinen Worten!!! Im Gegenteil. Ich fand dich, unser Gespräch und die Party, auf der wir uns trafen, ausgesprochen sympathisch und anregend.
    Ganz liebe Grüße und bis bald in Mannheim 😉

    • Johannes sagt:

      Gleichfalls 🙂 Haha, übrigens ist mir grad aufgefallen, dass ich gar nicht die Vorlesung am Montag meinte! Ich hab irgendwie gedacht, dass du die am Freitag meintest… Am Montag war ich da. Allerdings saß ich (wie meistens wenn ich hingeh) in der letzten Reihe und bin auch nach der Hälfte eingeschlafen… Ich war da einfach noch zu müde vom Wochenende davor… 😉

      Also, dann bis demnächst: ich freu mich drauf 🙂

  3. Sonja Menne sagt:

    Allerliebste Daniela, ich habe sehr Respekt vor deiner Person und deinem Lebenslauf und das wird troz dieses misslungenen Blog-Eintrages auch bleiben ;-)! Ich will dich hier nicht angreifen, sondern nur meine Meinung sagen, darin bin ich nämlich sehr gut und kann auch immer nur schlecht damit inne halten.
    Also, Nerd hin oder her, ich hoffe du weißt, dass das von dir Geschriebene höchst oberflächlich und vorurteilbehaftet ist. Ich fühle mich selbst zwar gar nicht angegriffen (obwohl ich gerne die von dir genannten Farb-Kombi: lila-grau-grün trage ;-), zumal ich nur jede 2. VL da bin, und dann erst um viertel vor 9, letze Reihe….., aber ich möchte meine vermeintlichen Nerd-Komillitonen irgendwie verteidigen…..! Mediziner halten zusammen 😉 – Nein, Scherz. Ich finde deine provokanten Aussagen einfach ungerechtfertigt und vollkommen übertrieben, und irgendwie auch verletzend. Mir ist klar, dass du auf Grund deiner Vergangenheit und damit behafteten Erlebnisse vielleicht lächelnd auf einige von uns herunterschaust, aber dennoch hat jeder dieser Voll-Nerds oder demütigender: „Voll-Honks“ (Zitat: Daniela matijevic) etwas mehr Respekt verdient, auch wenn du und teilweise natürlich auch ich, ihr Verhalten und ihre Einstellungen nicht nachvollziehen können.
    So, das wars, weil will dich wie gesagt, gar nicht kränken oder so, fand und find dich nämlich sehr sympathisch,aber ich muss einfach immer und überall meine Meinung rumposaunen und kann diesem starken Mitteilungsbedürfnis meist auch nicht widerstehen, wie du siehst ;-)! Aber du ja anscheinend auch nicht ;-)!!!ich hoffe trotzdem, dass Merle, du und ich mal nen Kaffee zusammen trinken gehen, wenn du das nächste Mal hier bist.
    Ganz liebe Grüße
    Sonja Sofia

    • Liebe Sonja!
      Wie du sicherlich bemerkt hast, handelt es sich in meinen Darstellungen um einen Blogeintrag, der weder einen Anspruch auf „political correctness“, noch auf Konsens inne hat. Es sei mir doch sicher vergönnt mir eine Meinung zu bilden, über das Szenario, das ich dort beobachtet habe, oder? Hast du dich in einer meiner Beschreibungen wiedererkannt? Nein? Siehst du, also dürftest du dich auch nicht angesprochen fühlen, oder siehst du in dem gesamten Text auch nur eine Passage, in der steht: ALLE Medizinstudenten sind Voll-Honks???
      Was das Thema Respekt angeht, so sollte doch ein jeder, mit der Verfassung der Bundesrepublik Deutschland vertraute Mensch Achtung vor der Meinungsfreiheit des anderen haben, oder? 😉
      Ich glaube, meine Leser wären sehr überrascht, wenn ich ab heute nur noch weichgespülten Allerweltsmist posten würde, der null von mir und meinem zugegeben etwas deftigeren Humor aufs Korn genommen worden wäre.
      Da wir uns kennen und ich dich ebenfalls sehr sympathisch finde, hole ich mal nicht ganz so weit aus, in dem ich dich frage, was zur Hölle meine Vergangenheit mit diesem Blogartikel zu tun hat?!?
      Und was das Mitteilungsbedürfnis angeht, liebe Sonja, meines nennt sich „mein Beruf“ – und deines? 😉
      Auf bald und auf einen sehr vielsagenden Kaffee,
      Daniela

  4. XPS sagt:

    Liebe Dani!
    Hör bloss nicht auf so zu schreiben wie du schreibst. Du bist n Genie und spielst mit Worten, die viele gar nciht kennen!
    Bleib und schreib so wie du bist!
    DU ROCKST!!!!!!!!!!!!!!!!!!

  5. Michaela M. sagt:

    Wir wollen die Dani die die Worte findet in denen wir alle denken!
    weiter so. lass dich von solch unqualifizierten worten nicht aufhalten!

  6. petroca1 sagt:

    yeah, genau. liebe dani, hör bloss nicht auf, so zu schreiben. du bistn genie und spielst mit den ehrverletzungen, die viele gar nicht als solche erkennen. „political correctness“? wtf? was haben beleidigungen mit meinungsbildung oder politik zu tun? was für ein konsens? und alle menschen, die nicht ihre mitmenschen stereotyp abbilden, schreiben „weichgespülten Allerweltsmist“. super einstellung.

  7. Elke Bestla sagt:

    Hallo Daniela,
    Nerd hin oder her! Ich wäre in lebensbedrohlichen Zuständen froh einem ehemaligen „Nerd“ in die Hände zu fallen, der aufgepaßt hat und weiß was zu tun ist. Ich sage nur: „Dein Arzt, dein Schicksal!“

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